Kirchengemeinden im Alten Amt

Geschichte der Weißenwasserkirche

Glockenklang:
So klingt die Glocke der Weissenwasserkirche.
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Chronik:
 
Die Anfänge der alten Taufkirche am Weißenwasser liegen wie so viele Dinge im Gebiet des sagenumwobenen Kahlbergs im Dunkeln. Unter der Herrschaft Kaiser Karls des Großen begann eine Christiani-sierungswelle, die besonders in den von ihm unterworfenen sächsischen Ländern intensiv betrieben wurde. Die Missionierung des Leinetales und auch des Gebietes um den Kahlberg erfolgte vermutlich durch das Kloster Corvey, das zu dieser Zeit eine vorherrschende Rolle einnahm. Wahrscheinlich entstand in diesem Zusammenhang die erste Taufkirche am Weißenwasser, denn Kirchen wurden oft an den Orten errichtet, an denen sich vorher heidnische Heiligtümer befunden hatten. Die Vermutung liegt nahe, daß an dieser Stelle des Kahlbergs eine herausragende heidnische Kultstätte bestand (siehe „Wöllersteine“, „Twargenmolle“ usw.).
 
Der erste urkundliche Nachweis einer Kapelle des Dorfes Whitenwatere stammt aus dem Jahre 1055 und belegt, dass sie zum Archidiakonat Nörten gehörte. Dieser hölzerne Vorgängerbau der heutigen Weißenwasserkirche stand auf einem Bruchsteinsockel und war vermutlich nur ein rechteckiges Gebäude ohne Turm und Chor. Seine Ost-West-Achse verlief genau durch die Mitte von Taufbecken, Chorstufen und vermutlich auch Altar. Von diesem Bau fand man bei Grabungen eine Brandschicht, den Felssteinsockel, auf dem die aus Holz  gebaute Kapelle gestanden hat, sowie ein altes Bachbett. Lange Zeit muß ein Arm des Weißenwasserbaches durch die Kapelle geleitet worden sein, den die Quelle mit ihrem weißen, kalkhaltigen Wasser speiste, da bei Bodenuntersuchungen entsprechende Ablagerungen festgestellt wurden. Der Bach durchfloss im Kircheninneren ein Wasserbecken, in welchem die Taufen erfolgten. Hier wurden die Täuflinge vollkommen untergetaucht und stiegen nach der Taufe zum Altarraum empor.
 
Nachdem diese Kapelle abgebrannt war, errichtete man an gleicher Stelle einen in seinen Grundrissen erheblich größeren Neubau und fügte einen Chor hinzu. Am 4. Juli 1145 wurde die Kirche zu Ehren des Apostels Jakobus des Älteren geweiht, dessen Gedenktag der 25. Juli ist. Die besondere Bedeutung der Kirche ist daran zu erkennen, dass Erzbischof Heinrich der Erste extra aus Mainz zur Einweihung anreiste. Damit wollte er zugleich seinen Machtanspruch deutlich machen, da in unmittelbarer Nachbarschaft – quer durch die Gemeinde Sebexen – die Grenze zum Herrschaftsbereich der Hildesheimer Bischöfe verlief. Gleichzeitig mit der Weißenwasserkirche weihte er deshalb auch die Kapelle in Sebexen und erklärte sie für selbstständig. Erzbischöfe verfügten zu dieser Zeit neben dem Kaiser über herausragende Machtpositionen. Dieser Erzbischof fiel jedoch kurze Zeit später bei Kaiser Barbarossa in Ungnade und begab sich deshalb in den Herrschaftsbereich von Herzog Heinrich dem Löwen, einem Gegner des Kaisers.
 
Am 3.11.1153 verstarb der Erzbischof. Sein Grab wurde erst vor einiger Zeit bei Grabungen in der Einbecker Stiftskirche wieder aufgefunden. In den folgenden Jahren findet man über das neben der Kirche entstandene kleine Dorf Weißenwasser mehrfach Hinweise in verschiedenen Urkunden. Während der Hildesheimer Stiftsfehde von 1518 bis 1523 fanden verheerende Zerstörungen in unserem Gebiet statt. Dabei könnte auch das Dorf Weißenwasser vernichtet worden sein. Erhalten blieben nur Pfarrhaus, Opperei, Kirche und Mühle. Damit war das Dorf offensichtlich untergegangen, und seine Bewohner hatten sich – bis auf den Mühlenbesitzer – anderweitig angesiedelt. Die Weißenwasserkirche selbst erfuhr in den Folgejahren mehrfache bauliche Veränderungen. Aus den noch vorhandenen Kirchenrechnungsbüchern geht hervor, dass im Jahre 1587 das große Fenster auf der Südseite eingebaut wurde. Als Begründung ist dazu angegeben, „dass die Gemeinde, die die Bibel liest und aus dem Gesangbuch singt, Licht braucht“.
 
Der Turm wurde im Jahre 1598 ausgebaut. Allerdings ersetzte man ihn in den Jahren von 1609 bis 1612 bereits wieder durch den heute noch vorhandenen. Im Jahre 1612 baute man wahrscheinlich das Renaissance-Portal mit lateinischer Inschrift um die Eingangstür. Den Text hat Pastor Heinrich Albrecht (Pastor von Kalefeld und Sebexen von 1874 – 1900) in folgende deutsche Verse übertragen: Dieser Plafond hebt sich neu, aus festem Gesteine an dem fliessenden Quell Weissen Wassers erbaut, als Ernestus hier predigt' die heilsame Lehre des Glaubens, welcher Johannes zugleich wird mit Namen genannt. Gib, allmächtiger Vater, solange dastehet der Weltbau, dass dein Wort so wie jetzt stets erschalle mit Macht! Im Jahre 1627 – während des dreißigjährigen Krieges – brannten Pfarrhaus, Meierhaus und Opperei ab. Das Pfarrhaus baute man nicht wieder auf, so dass seit dieser Zeit Kalefeld Sitz des Pfarramtes ist. Neben der Weißenwasserkirche blieb nur noch die Ölmühle erhalten. In den folgenden Jahren wurde die Kirche nur noch genutzt, wenn die Kalefelder Kirche nicht verfügbar war.
 
Hier fanden insbesondere Taufen und Beerdigungen statt. In der Zeit von 1641 bis 1691 war Gerhard Schaper (Schaeffer) Pastor von Kalefeld-Weißenwasser mit Dögerode und Sebexen. Pastor Schaper kam aus Braunschweig und musste in seiner langen und schwierigen Dienstzeit während und nach dem Dreißigjährigen Krieg die Kirche teilweise wiederaufbauen. Als besonderes Zeichen der Wertschätzung bestattete ihn die Kirchengemeinde nach seinem Tode gemeinsam mit seiner Frau vor den Stufen in der Weißenwasserkirche. Bei Renovierungsarbeiten im Jahre 1955 wurden die Sandsteingrabmale aufgefunden und zu beiden Seiten des Altarraumes aufgestellt. Aus dem „Dornröschenschlaf“ der folgenden Jahrhunderte erweckte die Kirche erst wieder zu Beginn der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts der Pastor Siegfried Preuß. Sein geschichtliches Interesse führte zu Renovierungs- und Erhaltungsarbeiten, bei denen auch Grabungen im Kircheninneren ausgeführt wurden. Hierbei konnten viele der aufgeführten Dinge durch Funde belegt werden. Unter anderem wurde auch die Stelle, an der sich früher das Taufbecken befand, durch einen entsprechenden Steinkranz gekennzeichnet. An diesem Platz steht heute der romanische Taufstein, der als einziges Einrichtungsstück aus vergangenen Zeiten erhalten geblieben ist.
 
Zwei ursprünglich noch vorhandene Altarengel wurden vor einigen Jahren gestohlen. In der Nordwand kann man einen zugemauerten Eingang erkennen, durch den früher die „Heiden“ vor ihrer Taufe die Kirche aus „Mitternacht“ betreten mussten. Die im Stil der Zeit ohne Schmuck ausgestattete Kirche wird durch einen „Gurtbogen“ aus behauenen Steinen vom Altarraum getrennt. Dieser Raum wird im Gegensatz zu dem flachgedeckten Kirchenschiff von einem Kreuzgratgewölbe überdeckt. Mit Ausnahme des Turmes, der später angebaut wurde, ist die gesamte Kirche aus Feld- und Bruchsteinen aufgebaut. Ursprünglich war sie mit Sandstein-, später mit Schieferplatten eingedeckt. Heute ist nur noch das Dach des aus behauenen Quadern errichteten Turmes mit Schieferplatten belegt.
 
Heute wird die Weißenwasserkirche – außer für Trauerfeiern – nur noch an besonderen Feiertagen genutzt. So kommen traditionsgemäß zum Gottesdienst am Johannistag, dem 24. Juni, auch viele Besucher aus den umliegenden Ortschaften, die ansonsten weder gemeindliche noch kirchliche Verbindungen zu Kalefeld haben. Für den Besucher erschließt sich der Reiz dieser uralten Taufkirche bereits nach kurzer Zeit durch die Ruhe, die Schlichtheit der Formen und das Umfeld mit Friedhof und Kahlberg.
 
 
 
Weißenwasser – Ev.-luth. Kirche St. Jacobus d. Ä.
 
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Weißenwasserkirche Südwestansicht
 
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Weißenwasserkirche Westansicht des Turmes
 
Nur einen guten Kilometer von der Kalefelder Ortsmitte entfernt liegt an einer ausgebauten Straße der Gemeindefriedhof. An seinem nördlichen Rand steht vor einer schönen Baumkulisse eine mittelalterliche Kirche von beträchtlichen Abmessungen. Sie allein blieb von dem um 1400 wüstgefallenen Dorf übrig. Die dem heiligen Jacobus dem Älteren geweihte Kirche ist neben der in Eboldshausen die älteste noch erhaltene im Gemeindegebiet Kalefeld. Acht Jahrhunderte lang haben die Kirchengemeindeglieder von Weißenwasser und Kalefeld viel Mühe und Geld aufgebracht, die Kirche umzubauen, zu erweitern und auszuschmücken.
Sie wird gemeinsam mit der Kirche in Sebexen erstmals am 4. Juli 1145 in einer vom Erzbischof Heinrich I. von Mainz ausgestellten Urkunde erwähnt. An diesem Tage weihte er beide Kirchen. Über das Kirchengebäude selbst – ob es schon vollständig fertig oder nur im Altarbereich nutzbar war – liefert die Urkunde keine Nachrichten. Da es auch sonst keine weiteren urkundlichen Überlieferungen aus dem Mittelalter über das Bauwerk gibt, kann nur die Form und die Gestaltung der Kirche sowie die Bautechnik zur Datierung herangezogen werden.
Am besten abzulesen sind die Bauabschnitte auf der Südseite. Dabei helfen die verwendeten Steinarten mit ihren unterschiedlichen Größen und die Art ihrer Vermauerung. Hilfreich dabei sind auch die Fensterformen, die für den jeweiligen Bauabschnitt typisch sind, zudem sie auch kein Maßwerk besitzen.
Die Kirche besteht aus drei sehr unterschiedlichen Bauteilen. Links der hohe Turm. Seine exakt aufgemauerten Ecken sind betont durch lange und hohe sorgfältig gemeißelte Quader, seine Wände sind mit größeren Bruchsteinen aufgemauert, sein vorstehender Sockel hat eine schräge Kante, und die Fenster zeigen in ihrer eleganten Art spätmittelalterliche/frühneuzeitliche Formen, zudem sie auch kein Maßwerk besitzen. Die beiden rundbogigen und gekuppelten Öffnungen der Schallluken sind nicht durch Säulen, sondern durch rechteckige Pfosten voneinander getrennt.
Eine sichtbare Fuge trennt den Turm vom mittleren Bauteil, dem Kirchenschiff, dessen Wände aus kleinteiligem Mauerwerk bestehen. Seine ursprünglichen kleinen Rundbogenfenster sind auf der Nordseite noch vorhanden. Auffällig ist die Lage des Südportals von 1612 und die zugemauerte Spitzbogentür auf der Nordseite. Die linke bzw. rechte Laibung der beiden Portale ist gleichzeitig die Ecke des hoch aufragenden Kirchturmes. Bautechnisch und statisch eine schlechte Lösung. Doch sie hat bereits viele Jahrhunderte überdauert. Die beiden Fenster östlich neben der Tür sind später in die Südwand eingebrochen worden.
Der dritte Abschnitt ist zwar nicht durch eine durchlaufende Fuge vom Schiff getrennt, zeigt aber mit der Art seines Mauerwerks, daß er später an den Mittelteil angefügt wurde. Er besitzt wie der Turm an seinen Ostecken ebenfalls einbindende Eckquader, aber sein Mauerwerk ist aus großen und kleinen hellfarbigen Bruchsteinen aufgeführt. Spärliches Maßwerk schmückt die drei spitzbogigen schmalen Fenster. Ursprünglich besaß die Ostwand ein kreuzbetontes Giebeldreieck, das das mit roten Ziegeln eingedeckte Dach um einiges überragte. Auf älteren Fotos ist dieser sogenannte „Schildgiebel" noch zu sehen, der typisch für eine mittelalterliche Kirche ist.
Der älteste Teil ist das Kirchenschiff. Es dürfte ohne Zweifel ein Teil der Kirche sein, die am 4. Juli 1145 ihre Weihe erhielt. Sie gehört entsprechend den Baugewohnheiten in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts zu einem Bautyp, der Apsissaal genannt wird. Er bildet seinen Grundriß aus einem rechteckigen Kirchsaal und einer im Osten angefügten halbrunden Apsis. Diese war mit einer Halbkuppel eingewölbt und lehnte sich mit einem halben Kegeldach an die Kirchenostwand an. Die übliche Dachneigung einer derartigen Kirche lag zwischen 42˚ bis 47°. Damals besaß die Kirche in Weißenwasser also ein viel flacheres Dach als jetzt. Die Kirche war etwa 16m lang und 9,5m breit.
 
Altar 1 fertig
Blick in den Altarraum
 
Im Verlauf einer dendrochronologischen Untersuchung des Holzwerks des Turmdaches konnte für einige Balken das Fälljahr des Baumes mit 1490 ermittelt werden. Mithilfe der im Stamm noch sichtbaren Jahresringe kann das Fälljahr des Baumes mit digitalen Systemen verläßlich ermittelt werden. Diese Untersuchungsmethode hat sich seit Jahrzehnten für die Ermittlung des Alters verbauter Hölzer bestens bewährt. Für den 1490 errichteten Turmbau hat man die Grundfläche eines zerstörten Kirchenteiles genutzt. Möglicherweise war, aus welchen Gründen auch immer, der Westteil eingestürzt und die Gemeinde hat diesen Vorfall dazu genutzt, den hohen mit dem Schiff gleichbreiten Westturm zu errichten. Im Zuge dieser Baumaßnahme entstand die wenig schön gestaltete Baufuge. Der ursprüngliche Haupteingang, sicherlich eine rundbogige Pforte, wird auf der Nordseite an Stelle des jetzigen spitzbogigen Portals gelegen haben.
 
Empore 2 fertig
Blick auf die Westempore und in den Turmraum
 
Der 1612 gestaltete heutige Hauptzugang auf der Südseite ist möglicherweise die Aufwertung einer kleinen mittelalterlichen Pforte. Der nach dem Bau des Turmes erhalten gebliebene Teil des Kirchenschiffes ist etwa 10m lang.
Wie bei vielen anderen Kirchenbauwerken des 12. Jahrhunderts waren die Apsiden zu klein, die geringe Bodenfläche hinderte den Ablauf der Gottesdienste. Aber auch der Drang, moderner zu bauen, dürfte den Anlaß gegeben haben, den halbrunden Anbau zugunsten eines rechteckigen Chorraumes aufzugeben. Die Mauerwerkstechnik, der mit einem Kreuz bekrönte Schildgiebel, die Dachneigung von 55°, sowie die drei schlanken Spitzbogenfenster sprechen für eine Bauzeit zwischen 1350 und 1400. Der Zeit ebenfalls angepaßt ist die Einwölbung des neuen Chorhauses mit einem Kreuzgratgewölbe über querrechteckigem Grundriß. Das Gewölbe setzt bereits bei 1,50m über dem Fußboden an, ein Kennzeichen dafür, dass das neue Chorhaus mit seiner Traufhöhe der alten romanischen Kirche angeglichen wurde. Eine Piscina mit seiner außen sichtbaren Ausgußöffnung und eine rechteckige Sakramentsnische sind als notwendige Bauelemente für die Abhaltung eines Messgottesdienstes beim Neubau des Chorhauses sofort mit vorgesehen worden. Der massive Altarblock dürfte aus der vor 1145 erbauten Apsis übernommen worden sein. Die Mensa oder Platte hat ein ausgekehltes Profil, der Unterbau oder Stipes vorn eine quadratische Aushöhlung als Sepulcrum (Grabstätte) für das Einbringen der Reliquie eines Heiligen, hier möglicherweise eine des älteren Jakobus.
Um eine einheitliche Firsthöhe von Schiff und Chor zu erreichen, ist das Dach des Kirchenschiffes neu verzimmert worden, wobei die Handwerker die Form einer flachen Balkendecke übernahmen. Die einheitliche Dachgestaltung verschleiert dem Betrachter daher die verschiedenen Bauzeiten
Die lichte Raumhöhe des Schiffes beträgt 6m, die des Chores, bedingt durch die Einwölbung nur 5m. Der aus der Zeit vor 1145 stammende Bogen zwischen Schiff und Altarraum hat eine lichte Höhe von 4,20m, gemessen vom Fußboden des Altarraumes.
Wie bereits angesprochen, ist unbekannt, weshalb dem Kirchenschiff spätestens seit dem Ende des 15. Jahrhunderts das westliche Drittel fehlt. Die Fundamentreste des abgebrochenen Teiles mußten aber soweit verstärkt werden, daß sie den 1490 aufgesetzten Turm mit seinem 130/135cm dicken und 14m hohen Mauern tragen konnten. Dieser Turmschaft ist so sicher und fest aufgeführt worden, daß bis heute keine tiefgreifenden Schäden auftraten. Sein Erdgeschoß erhielt als oberen Abschluß ein Quertonnengewölbe, dessen Scheitel bei 7m liegt. Um es bei Gottesdiensten mitnutzen zu können, wurde seine Ostwand durch einen 5,20m hohen und 5,60m breiten Bogen zum Kirchenschiff hin geöffnet. Der querrechteckige Schaft endet mit einem untergliederten Gesims, auf dem ein 5,5m hohes Walmdach aufliegt. Dieses wird bekrönt durch einen schlanken sechseckigen Dachreiter von 6m Höhe. Die Gesamthöhe des Turmes beträgt damit rund 25,5m. Fugenritzungen auf den Außenseiten deuten darauf hin, dass der Turm mit einem farbigen Anstrich versehen wurde.
Die dendrochronologische Untersuchung weitere Hölzer des jetzigen Turmdaches haben ergeben, daß 1597 ein einfaches Sattel- oder Walmdach des Turmes zugunsten der heutigen Lösung aufgegeben wurde.
Und daraus ist abzuleiten, daß im späten 16. Jahrhundert die Fülle der notwendigen Reparaturen ausgenutzt wurde, um die Kirche außen und innen umzugestalten. Dazu gehört auch die Neuverzimmerung des Schiffsdaches, das in seiner Höhe und seiner Dachneigung dem Chordach angeglichen wurde.
Zwei bedeutsame Änderungen wurden auf der Südseite der Kirche vorgenommen. Rechts des Portals ist ein großes zweiteiliges Fenster eingefügt worden. Es sollte dem Prediger auf der Kanzel mit Tageslicht versorgen. Sein plastischer Rahmen besitzt in Stein gehauene Schmuckelemente, die für das südliche Niedersachsen völlig fremd sind. Das Fenster ist auf dem oberen Balken mit [15]87 datiert. Diese Jahreszahl wird in der Kirchenrechnung von 1587 bestätigt. Gleichzeitig dürfte auch das daneben sitzende Rundbogenfenster eingebrochen worden sein.
Einige Zeit später ersetzt 1612 das neue Portal die romanische Rundbogentür, die möglicherweise beim Abbruch des westlichen Teils des Kirchenschiffes stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Die Harmonie dieses moderneren Portals wird leider dadurch gestört, daß seine Bekrönung in das unebene Mauerwerk besonders tief eingeschnitten ist. Die Entstehung ist mit einer Inschrift überliefert. Bedingt durch den sehr weichen Sandstein aus dem Leinetal ist das Datum über dem Türbogen und der lange lateinische Text im Schriftfeld darüber kaum noch lesbar.
Wir dürfen aber dankbar sein, daß schon in früheren Jahren Abschriften und Übersetzungen gefertigt wurden.
HAEC NOVA DE SOLIDO
               SURGUNT LAQUEARIA SAXO
AD LIQUIDAS FONTIS
                        CANDIDIORIS AQUAS,
ERNESTUS FIDEI CUM DOGMA
                           SALUBRE SONARET,
NOMINA JOANNIS QUI SIBI
                                 JUNCTA GERIT,
DA PATER OMNIPOTENs, SATBIT
                      DUM MACHINAMUNDI:
PRAESENTI VIGEANT DOGMATA V .C...
Die rot gezeichneten Buchstaben ergeben die Jahreszahl 1612. Die folgende Übersetzung fertigte Pastor Albrecht im Jahre 1902 an.
„Dieser Plafond erhebt sich neu aus festem Gestein, an der fließenden Quelle weißen Wassers, erbaut als Ernestus [Ernst] hier predigte die heilsame Lehre des Glaubens, welcher Johannis zugleich wird mit Namen genannt. Gib, allmächtigster Vater, solange da steht der Weltbau, dass dein Wort, so wie jetzt, stets erschalle mit Macht."
Letztlich ergab sich auch die Möglichkeit den Fichtenholzdachstuhl des Chorhauses dendrochronologisch untersuchen zu können. Danach wurde der (wohl baufällige) Dachstuhl 1705 neu aufgerichtet.
Der Wüstungsforscher Kühlhorn geht davon aus, daß die Dorfschaft um 1400 langsam aufgegeben wurde. 1590 standen nur noch die Kirche, eine Ölmühle, das Pfarrhaus und sicherlich noch einige Schuttreste einzelner Häuser. Eine urkundliche Nachricht verkündet, der Turm sei 1598 neu gebaut worden.
 
Kanzel fertig
Kanzel aus der Zeit um 1620
 
Im Blick auf die Vermauerungstechnik der vorhandenen Bausubstanz kann sich diese Angabe nicht auf den Turmneubau beziehen, sondern eher auf eine Reparatur des Holzwerk im und auf dem Turm.
Es ist durchaus verwunderlich, daß die Kirche der um 1400 wüst gewordenen Ortschaft noch Jahrhunderte als Hauptkirche des benachbarten Ortes Kalefeld benutzt, umgebaut und instand gehalten wurde. Immerhin besaß Kalefeld bereits 1595 eine Kapelle, die als Holzbau aber immer wieder zu Schaden kam.
Nach einer umfassenden Verwüstung des Kirchengebäudes zu Beginn des 30-jährigen Krieges erfolgte ab 1620 neben den nötigen Reparaturen eine Neugestaltung des Innenraumes mit einer neuen Kanzel, den Altarfiguren und den Emporen. Während dieser kriegerischen Zeiten amtierte Pastor Gerhard Schaper in Weißenwasser und Kalefeld. Sein Grabstein und der des 1621 verstorbenen Pastors Oppermann sind in der Kirche zu sehen. Letztmalig wurde die Kirche 1956 renoviert. Dabei wurde die Längsempore leider abgebrochen und der romanische Taufstein in die Kirchenmitte versetzt, dorthin wo ehemals die Taufquelle gesprudelt haben soll.
Leider werden in dieser großartigen Kirche seit dem Bau der Kirche in Kalefeld 1872 nur noch besondere Gottesdienste abgehalten.
 
 
Die Sage von der Weißenwasserkirche
 
(Auszug aus: 850 Jahre Weißenwasserkirche, Beiträge zur Heimatgeschichte – Sonderheft Heimat-, Geschichts- und Kulturverein Kalefeld, August 1995, S. 17)
Viele Sagen und Märchen enthalten einen Hauch von Wahrheit, der vermutlich aufgrund der jahrhundertelangen mündlichen Überlieferungen erhalten geblieben ist. Dies gilt auch für die nachstehend wiedergegebene Sage von der Entstehungsgeschichte der Weißenwasserkirche, die von G. Schambach und Prof. W.Müller unter der Überschrift „Hünen tragen Kirchen fort" aufgeschrieben und somit überliefert wurde:
„In alten Zeiten hat es Hünen gegeben, die sind von so gewaltiger Größe gewesen, wie es heut zu Tage gar keine Leute mehr gibt.
Da sind einmal zwei Hünen von Uslar hergekommen, haben eine ganze Kirche auf eine eiserne Bahre genommen und aus dem Sollinge nach dem Weißen Wasser bei Kalefeld getragen. Als sie nun damit bei Hohnstedt an die Leine kommen, da spricht der vordere zu dem hinteren, welcher blind war:
Dau en beten wie strie (Mach etwas größere Schritte),
hier is ´ne kleine rie (Rinne).
Die Leine was aber an dieser Stelle gerade ziemlich breit. Sie gehen hinüber und wandern von da an weiter dem Weißen Wasser zu. Als sie bei diesem angekommen sind, sprechen sie zueinander: Wir wollen hier erst ein wenig rasten und stellen die Bahre hin. Als sie dieselbe aber wieder aufnehmen wollen, zerbricht sie, sinkt in den Boden und bildet so das Fundament der Kirche, welche die beiden Hünen da stehen lassen mußten.
Auf diese Weise ist die Kirche dahin gekommen und steht daselbst noch bis auf den heutigen Tag."
Anmerkung:
Zu den in der Sage erwähnten Orten läßt sich folgendes feststellen: Die Christianisierung des Leine- und Auetales erfolgte wahrscheinlich vom Kloster Corvey (Solling). Die Ortschaft Hohnstedt wurde bereits sehr früh als Sitz eines Erzpriesters (später Superintendentur) erwähnt und war zeitweise auch für Weißenwasser zuständig.
 
linke Tür fertig
Romanisches Taufbecken
 
 
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